Reiki und Gesundheit

GesundheitErfahrungsberichte über Reiki handeln häufig von Erfahrungen der Heilung, die im Rahmen von Reikibehandlungen gesammelt wurden. Unter diesem Blickwinkel steht eine Erkrankung und der Umgang mit ihr im Vordergrund. So hilfreich die Wirkung von Reiki in diesem Bereich ist, umso angenehmer ist es, wenn Krankheiten erst gar nicht entstehen. Es stellt sich die Frage, ob Gesundheit nur die Abwesenheit von Krankheit ist, oder ob der Begriff einer erweiterten Beschreibung bedarf. Die Arbeit mit Reiki und der Begriff der Gesundheit sind eng miteinander verbunden, deshalb möchte ich das Thema in diesem Text einführen. Gesundheitspsychologische Konzepte werden mit Reiki in Verbindung gesetzt und die Erfordernisse für Gesundheit auf verschiedenen Ebenen betrachtet.

Körperliche Gesundheit

Auf die biologische Ebene ist das biomedizinische Gesundheitsmodell bezogen, in dem Gesundheit als die Abwesenheit von Krankheit gesehen wird. Eine Krankheit wird als ein Objekt verstanden, dass dem vormals gesunden Körper hinzugefügt wird. Der Körper wird dabei als eine Art komplizierte Maschine verstanden, bei der Krankheit mit dem Defekt eines Maschinenteils vergleichbar ist.

Dies geht auf die Entdeckungen des 19. Jahrhunderts von z.B. Louis Pasteur und Robert Koch zurück, der herausfand, dass viele Infektionskrankheiten von Bakterien verursacht werden. Vor diesen Entdeckungen war Krankheit ein nicht vorhersehbares Ereignis, dass göttlicher Fügung oder dem Zufall zugerechnet wurde. Diese Entdeckung war ein wichtiger Schritt zur wirksamen Behandlung von Infektionskrankheiten.

Auch bei Nicht-Infektionskrankheiten befällt im volkstümlichen Verständnis eine Krankheit den Körper. „Ich habe einen Herzinfarkt“, „ich habe einen Bandscheibenvorfall“. Dies ist eigentlich absurd, weil es einen Bandscheibenvorfall nicht als solches gibt, sondern nur ein System von Bandscheiben, Muskeln, usw., das geschwächt ist, oder eben durch eine Schwächung oder Verschleiss nicht mehr harmonisch funktioniert. Die daraus resultierende Definition von Gesundheit ist: Die Abwesenheit von Krankheit.

Diese Definition hat sich als unbefriedigend herausgestellt, da sich z.B. Menschen auch krank fühlen können, ohne dass eine Erkrankung nachweisbar ist. Auch beim Beispiel des Alkoholismus greift diese Gesundheitsauffassung zu kurz. Die Aussage: „Ich bin Alkoholiker“ schafft nicht nur ein Krankheitsobjekt wie im Beispiel der Bandscheibe, sondern reduziert darüber hinaus den Menschen auf seine Erkrankung und vernachlässigt die eigentlichen Ursachen und Konsequenzen. Der Gesundheitsbegriff bedurfte also einer Erweiterung.

Psychosoziale Gesundheit

Eine weitergehende positive Definition von Gesundheit (der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahre 1948) beschreibt Gesundheit als den „Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen.“

Dieser gelinde gesagt idealisierte Zustand wird in freier Wildbahn kaum anzutreffen sein, weshalb man in der Gesundheitspsychologie (1) dazu übergegangen ist, Gesundheit als einen „Pol auf einem Kontinuum zu betrachten, auf dem Menschen sich körperlich, psychisch und sozial weniger oder mehr wohl fühlen und sich hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit, ihrer Selbstverwirklichung und der Sinnfindung unterscheiden.“

Menschen finden unterschiedliche Möglichkeiten, Selbstverwirklichung und Sinnfindung zu erreichen. Dabei spielen oftmals die Lebensbereiche Religion, Partnerschaft, Freunde, Künste und Hobbies eine wichtige Rolle.

Reiki und die psychosoziale Gesundheit

Für viele Menschen spielt darüber hinaus Reiki eine große Rolle bei der Erhaltung der Gesundheit. Es unterstützt die Selbstregulationskräfte des Organismus und trägt durch seine anregende und ausgleichende Qualität dazu bei, eine gesunde Beziehung zum eigenen Körper zu entwickeln: Reiki tut gut, macht zufrieden und lässt sich mit den oben genannten Lebensbereichen kombinieren:

  • Partnerschaft: Zum einen macht es großen Spaß, sich gemeinsam mit dem Partner Reiki zu geben. Es schafft eine besondere Art der Nähe, ist ein willkommener Kurzurlaub aus dem normalen Alltag. Außerdem ist es mit Reiki möglich, Beziehungsprobleme oder auch die Beziehung insgesamt zu behandeln und dadurch die Beziehungsqualität zu erhöhen.
  • Freundschaften: Reiki verbindet. Menschen treffen sich, um sich gemeinsam Reiki zu geben, sich über Reiki auszutauschen, sich in gegenseitiger Wertschätzung zu unterstützen.
  • Künste: Reiki zu geben, ist kreatives Geschehenlassen. Gibt ein Mensch Reiki, so hat er die Möglichkeit, dabei ohne Willensanstrengung und Leistungsehrgeiz aktiv zu sein, was in einer Leistungs- und Konsumgesellschaft ein kostbares Gut ist. Im Laufe des Reikiweges entwickelt sich mehr und mehr eine Beziehung zu inneren Wissensquellen, die sich in Form von Bildern oder Gefühlen äußern. Zum einen können diese Eindrücke mit kreativen Künsten (Malerei, Bildhauerei, Textilarbeiten, u.a.) ausgedrückt werden, zum anderen können kreative Tätigkeiten mit Reiki unterstützt werden. Diese Entwicklungen sind recht individuell und Ausdruck des individuellen Weges mit Reiki.

Spirituelle Gedanken zur Gesundheit

Der Humanist und Psychiater Viktor Frankl prägte im Rahmen seiner Forschung nach Sinnfragen den Begriff der „noogenen Neurose“ : Dem Leiden am sinnlosen Leben. In diesem Sinne liegt eine sinnvolle Quelle der Gesundheit in der Spiritualität.

In einer einfachen Definition ist Spiritualität die Erkenntnis, dass hinter der materiellen Erscheinungswelt eine Realität höherer Ordnung existiert, in der die Ursachen der materiellen Welt liegen. Eine Essenz der großen Religionen ist, dass wir Menschen einen göttlichen Funken in uns tragen, der uns zu Lebewesen macht, die mehr sind als das Ergebnis biologischer Prozesse.

Konsequenz davon ist, dass diese Realitäten untrennbar miteinander verbunden sind und dass das Streben nach erlebter Kohärenz zwischen den Realitätsebenen tief im Menschen als Bedürfnis verwurzelt ist. Mit anderen Worten: Wir fühlen uns ganz, wenn wir uns in beiden Welten zuhause fühlen.

Wir fühlen uns gesund, wenn wir die Kompetenz besitzen, einen Sinnzusammenhang zwischen materiellen, emotionalen, kognitiven und spirituellen Ebenen herstellen können.

Problematisch kann nun eine Therapie sein, die allzu einseitig eine einzelne Ebene fokussiert: Z.B. die rein medikamentöse auf der physischen Ebene, die allzu verkopft angewendete Verhaltenstherapie auf der kognitiven Ebene, oder die unreflektiert vor- und nachbereitete Hypnotherapie. Damit soll keinesfalls die beispielhaft genannte Technik als solche kritisiert sein, sondern ein fehlendes Bewusstsein über die Ganzheitlichkeit des Menschen, das rezidivierende Krankheitsverläufe und verlorene Sinnfragen nach sich ziehen kann.

Diese Gedanken können nur Impulse sein, da sowohl die Menschen als auch deren individuelle Bedürfnisse und Vorstellungen von Spiritualität sehr unterschiedlich sind. Nicht alle Menschen haben z.B. überhaupt das Bedürfnis nach bewusster Spiritualität und sind dennoch gesund.

Reiki und Spiritualität

Hawayo Takata, die dritte Großmeisterin des Reiki, sagte einmal:

„Reiki ist göttliches Licht. Es ist bedingungslose Liebe.“ (7)

„Diese Kraft (Reiki) ist unfassbar und unermesslich, und als eine universale Lebenskraft unbegreiflich für den Menschen. Dennoch empfängt jedes lebende Wesen täglich ihre Segnungen, im Wachen und im Schlaf.“(8)

Das möchte ich so stehen lassen.

Reiki und das Konzept der Selbstwirksamkeit

Eine Begleiterscheinung von Reiki ist, dass man es stets dabei hat und überall anwenden kann. Der Reiki-Anwender (auch Reikikanal genannt) vertraut darauf, dass er auch in schwierigen Situationen begleitet ist und, wenn er Reiki anwendet, mit persönlichem Wachstum aus der Situation hervorgeht.

Das psychologische Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung (2) besagt, dass ein Mensch, der das Ergebnis einer Handlung seiner eigenen Tätigkeit zuschreibt, eine größere Ausdauer bei schwierigen Aufgaben entwickelt. Das klingt logisch, denn eine Anstrengung macht nur Sinn, wenn ich auch den Eindruck habe, dass ich mit ihr etwas bewirken kann. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung eine niedrigere Anfälligkeit gegenüber verschiedenen psychischen Störungen haben (3). In einer Studie, in der die Lebensqualität von Patientinnnen mit wiederkehrenden Mammakarzinom untersucht wurde, ging eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung mit hoher psychischer Lebensqualität einher.(9)

Mir ist noch keine Studie bekannt, die die Selbstwirksamkeitserwartung von Reikikanälen untersucht hat. Jedoch gehe ich davon aus, dass die Arbeit mit Reiki eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung fördert, da Reiki in relevanten Lebenssituationen die Handlungsmöglichkeiten erweitert. Zwei Beispiele können das verdeutlichen:

  • Bevorstehende Situationen wie Prüfungen, Bewerbungsgespräche, Konfliktklärungen können vorab mit Reiki behandelt und nachbereitet werden.
  • Reikikanäle legen sich bei Beschwerden aller Art erst einmal die Hände auf und können auch andere Menschen mit Reiki unterstützen.
    Plakativ ausgedrückt: Für einen Reikikanal kommt statt der Resignation eine Reikibehandlung. Dabei erfolgt eine Zuwendung zu inneren Ressourcen, die neue Lösungen aufzeigen, Kräfte auftanken und eine gesunde Distanzierung von auslaugenden Begebenheiten unterstützen können. All dies lernt man natürlich nicht während eines Wochenendseminars. Es ist eher die beständige Arbeit mit Reiki im Lebensalltag, die diese Qualitäten weckt.

Das Konzept der Salutogenese

Verwandt mit der Annahme, dass die eigenen Handlungen einen Sinn ergeben ist das Vertrauen darauf, dass die innere und äußere Welt vorhersagbar ist, dass „nicht ständig aus jedem Busch ein neuer Hase hervorspringt“, die Welt aus ihren Angeln gehoben wird. Dieses Vertrauen nannte Antonovsky (5) das Kohärenzgefühl.
Das Kohärenzgefühl kann als eine grundlegende Einstellung zum Leben gesehen werden und wird von all den Bewältigungsressourcen genährt, die ein Mensch im Laufe seines Lebens erwirbt. Eine dieser Ressourcen ist das Erleben von Sinnhaftigkeit und Bedeutsamkeit. Ein Mensch, der in einem schicksalhaften Ereignis (wie z.B. einem Todesfall) eine sinnhafte Bedeutung erlebt, ist zu einer flexibleren und angemesseneren Verarbeitung in der Lage, als ein Mensch, der das Ereignis dauerhaft seinem Bewusstsein fern hält.

Die Problembearbeitung mit Reiki fördert die ganzheitliche Verarbeitung, indem emotionale, kognitive und spirituelle Aspekte einbezogen werden. Dabei können bislang unentdeckte Sinnzusammenhänge offenbar werden, die die Lösungsmotivation stärken.

Die salutogenetische Sichtweise erweitert die klassische, auf die Ursachen einer Erkrankung suchende Sichtweise um einen ressourcenorientierten Ansatz, der die individuellen Bewältigungskompetenzen und die Verbesserung dieser in den Vordergrund stellt. Diese Sichtweise stellt eine einfache Grundlage dar, um das eigene Lebensumfeld in Hinblick auf Ressourcen, Herausforderungen und „Baustellen“ zu betrachten und wünschenswerte Veränderungen zu bewirken.

Das Systemische Anforderungs-Ressourcen-Modell

Das Modell der Salutogenese hat seinen Schwerpunkt auf der Haben-Seite der Gesundheit, den Ressourcen. Auf der anderen Seite stehen externe Anforderungen, die auf den Menschen einwirken. Unberücksichtigt bleiben jedoch innere Anforderungen, die ebenfalls einen Einfluss auf die Gesundheit haben. Damit kommen wir zum Systemischen Anforderungs-Ressourcen-Modell (6), das diese Unterscheidung trifft und somit einen besseren Erklärungsrahmen für Gesundheit bietet.

Der Begriff „systemisch“ wird mit unterschiedlichsten Bedeutungen verwendet und kann deshalb zu Missverständnissen führen. Im Anforderungs-Ressourcen-Modell bedeutet „systemisch“, dass der Mensch als System mit untergeordneten (Sub-)systemen mit übergeordneten (Supra-)Systemen verbunden ist.

Abschnitt ist noch in Arbeit

Schlusswort:

Es finden sich viele Verknüpfungspunkte zwischen dem Begriff der Gesundheit und Reiki, von denen hier nur ein kleiner Bruchteil ausgewählt wurde. Die Meditation über diese Punkte kann das Bewusstsein dafür stärken, dass im Reiki nicht nur eine Technik, sondern eine Haltung gegenüber dem eigenen Leben und dem Leben insgesamt liegt.

Dies wird in den Lebensregeln des Dr. Mikao Usui, dem Entdecker von Reiki deutlich, die er seinen Schülern auf den Weg gegeben hat. Die Lebensregeln sind wichtige Eingangstore in ein von Reiki begleitetes Leben. Die fünfte Lebensregel lautet:

„Empfinde Dankbarkeit für alles Lebendige“

Ein auf die Gesundheit bezogener Aspekt dieser Aufforderung kann sein, den eigenen Körper und dessen Funktion nicht als selbstverständlich, sondern als schützens- und verstehenswert zu begreifen. Reiki bietet mit seinen vielfältig anwendbaren Methoden eine gute Möglichkeit, den Begriff der Gesundheit auf die eigene Person und das eigene Lebensumfeld zu beziehen, also Gesundheit zu leben.

Zitate sind gekennzeichnet. Die darüber hinaus gehenden Schlussfolgerungen stellen meine persönliche Meinung dar, die ich in meiner Erfahrung mit Reiki gesammelt habe. Ergänzungen und Anmerkungen, auch eigene an diesen Artikel anknüpfende Erfahrungen nehme ich dankend entgegen.

Copyright Andreas Knatz 2008.

(1) Renneberg, B. (2006). Gesundheitspsychologie. Springer Medizinverlag Heidelberg.

(2) Bandura, A. (1994). Self-efficacy. In V. S. Ramachaudran (Ed.), Encyclopedia of human behaviour (Vol. 4, pp. 71-81). New York: Academic Press.

(3) Schwarzer, R., & Fuchs, R. (1995). Changing risk behaviors and adopting health behaviors: The role of self-efficacy beliefs. In A. Bandura (Eds.), Self-efficacy in changing societies (pp. 259-288). New York: Cambridge University Press.

(4) Shore, A.G. (2004). Long-term effects of energetic healing on symptoms of psychological depression and self-perceived stress. Altern-Ther-Health-Med. 2004 May-Jun; 10(3): 42-8

(5) Antonovsky, A. (1983). The sense of coherence: Development of a research instrument. W. S. Schwartz Research Center for Behavioral Medicine. Tel Aviv University. News Research Reports 1, 1-11.

(6) Becker, P., Bös, K. & Woll, A. (1994). Ein Anforderungs-Ressourcen-Modell der körperlichen Gesundheit: pfadanalytische Überprüfungen mit latenten Variablen. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie, 2, 25-48.

(7) Internetquelle: http://www.einfach-nur-reiki.de/reiki/heilung-spiritualitaet-interview-mcfadyen.shtml, Stand 30.10.2008

(8) Internetquelle: http://www.reikialliance.com/german/whatisGE.html, Stand 02.11.2008

(9) Northouse, B. L., Kershaw, T., Schafenacker, A., Mellon, S., Walker, J., Galvin, E. & Decker, V. (2002). Quality of life of women with recur- rent breast cancer and their family members. Journal of Clinical Oncology, 20, 4050Ð4064.